http://www.reportage.org/2000/Naked/PagesNaked/nakedimg_frameset.html
Und jedesmal, wenn ich an jenen Tagen aus dem Fenster sehe, steht er da,
voll Anmut und mit Entschlossenheit und einer Überzeugung – gerichtet gegen alles,
was ist und was war
Und jedesmal, wenn ich an jenen Tagen aus dem Fenster sehe, steht er da,
sein Banner vor dem blanken Leib, sittsam verdeckend die Anstößigkeit, und doch voll Provokation
Und jedesmal, wenn ich an jenen Tagen aus dem Fenster sehe, steht er da,
mal auf-, mal abdemonstrierend, mal sitzend, mal liegend, mal allein, mal in der Gruppe, doch immer mit Anmut ragt er heraus
Und jedesmal, wenn ich an jenen Tagen aus dem Fenster sehe, steht er da,
sein Schild geht mal auf und mal ab, mit erhobenenem Haupte seinen Willen vertretend, als gäbe es nur den einen – seinen
Und jedesmal, wenn ich an diesem Tag aus dem Fenster sah, stand er da,
und wie hoffte ich, er würde den Blick wenden nach oben, aus seiner Starre, in mein Gesicht im Vertrauten
Und jedesmal, wenn ich nun aus dem Fenster sehe, denke ich an jenen Tag, als er kam,
der nackte Demonstrant, mit Croyance, so wie er sein Schild trägt, nahm er mich an sich, wissend er werde weder mich noch sein Schild je aus der Hand geben
Und jedesmal, wenn ich seit diesem Tage aus dem Fenster sehe, denke ich an die Jahre, die ins Land gingen, an Grenzen, die wir überschritten und Träume, die wir verwirklicht haben, an die wundersame Zeit die uns verbindet
Und hin und wieder sieht nun er aus dem Fenster, und wendet seinen Blick zu mir
voll Wärme und Zärtlichkeit, dann nehme ich mein Schild und lasse Zurückgewesenes, Anstand und Scham
Hazel McDuff, 2001 (übersetzt von Blanche Marais)
Meine erste Assoziation: „Bürger lasst das gaffen sein! Kommt herunter! Reiht euch ein“… Anlässe gibt’s ja leider genug. Schön, wenn so eine politisch motivierte Liebe dann auch noch hält 🙂 Liebe Schmökergrüße!
Ein wunderbarer Text – nachdenkenswert.
LG Anna-Lena
Ein gutes Gedicht, wie eine Geschichte.
Er konnte wohl nur auffallen, indem er sich entkleidete und zeigte.
Manche wollen eben um jeden Preis auffallen.
Und es ist ihm gelungen, lach.
Aber so etwas brauchen zum Glück nicht allzu viele.
Ganz liebe Grüße Bärbel
Ein feiner Text. Es ist als hätte ich einen ganzen Roman gelesen.
Einen schönen ersten Mai liebe Marlis wünsche ich dir.Das ist sehr gut und gut beschrieben,wünsche dir noch einen sonnigen Tag lieber Gruß Gislinde
Liebe Blanche, ich kenne den Originaltext nicht, aber ich denke mal, Deine Übersetzung ist eine ausgesprochen gute und ich feue mich, daß Du ihn eingestellt hat und ohne unsinnige Scham auch dieses Bild, denn so sieht er aus, der Mensch, nackt und bloß, ohne die Kleider, die ihn schützen und verhüllen, die ihm heute unentbehrlich geworden sind, denn alle tragen welche und wie alle wollen wir immer sein, und doch nehmen wir uns Auszeiten und in denen sind wir anders als viele, wir sind dann so, wie wir wirklich sind.
Einen lieben und herzlichen Gruß sendet Dir Bruni
So unglaublich gut, dass ich es gleich mehrere Male auf ex konsumierte.
So schön tief, dass ich demonstrieren mag gegen all das oberflächliche Herzgetue.
So warm, obwohl das Nackte im kalten Morgen friert und statt sich einzuwickeln in die üblichen wollenen Phrasen, lieber – demonstriert.😊
Ich wünsche Dir einen schönen ersten Mai.
Tag der Arbeit😉